Review
von Con Trai
"I feel like we’ve coined a term, my DP and I, and we just say, “Filmmaking jazz.” Because in the indie filmmaking space, the ability to riff and shift and pivot and angle and improv and go and roll with it all is crucial. And if you can be really good at filmmaking jazz, you can make something worthwhile."
~ Christian Sesma
Für Filmemacher Christian Sesma wird die mit Section Eight beginnende und dem bereits abgedrehten und in Post-Produktion währenden Lights Out sowie dem in Dreharbeiten befindlichen War Paint bestehende Zusammenarbeit mit Scott Adkins ein Aufstieg im Zusammenhang auch mit einem (etwas) größeren Kundenkreis (als zuvor Tätigkeiten mit etwa Luke Goss) sein. Für Adkins selber ist es möglicherweise eher eine Stagnation bzw. eventuell auch ein Rückgang, im Vergleich zu in letzter Zeit immer besser werdenden Projekten mit Jesse V. Johnson, die auch mal das Köpfchen über den Horizont hinaus und in leicht gehobene Sphären hievten. Der hier vorliegende Film, welcher noch zusätzlich mit einer für die Verhältnisse durchaus zahlreich prominenten Besetzung aufwarten kann, erscheint auch zu einem durchaus günstigen Moment, ist Nachschub an dergleichen Werken zunehmend geringer geworden und wird sich derzeit im DtV Actionmilieu nur noch mit den Restbeständen der Bruce Willis Filmografie über Wasser gehalten. Und die sind fast besser:
Der ehemalige Soldat Jake Atherton [ Ryan Kwanten ] kehrt nach einem desaströsen Einsatz, dessen für ihn selber guten Ausgang er nur der Rettung durch seinen Vorgesetzten Tom Mason [ deutlich mit Hüftschäden: Dolph Lundgren ] zu verdanken hat, in seine Heimatstadt zur Ehefrau Ashton [ Kimi Alexander ] und dem gemeinsamen Sohn zurück; wo er als Automechaniker für seinen Onkel Earl [ deutlich mit einem Nervenleiden: Mickey Rourke ] tätig ist. Als Earl mit dem Gangster Fresh [ Robert LaSardo ] Ärger bekommt und der sowieso traumatisierte Jake folgend einen 'Ausraster' hinlegt, wird er während eines Gefängnisaufenthaltes von Sam Ramsey [ Dermot Mulroney ] und dies nicht ganz freiwillig für die Section 8, eine streng geheime und sich bald als zwielichtig entpuppende Regierungsbehörde angeheuert. Bald gerät Jake in moralische Konflikte, und damit auch in Bekanntschaft mit einem weiteren Mitglied der Truppe, dem Killer Leonard Locke [ Scott Adkins ].
AMC+ haben den (mit ca. 5. Mio. USD budgetierten) Film gestemmt, in Verbindung mit RLJE Films, geschrieben von Chad Law, welcher auch für die nächsten Sesma/Adkins Erzeugnisse zuständig und sowieso in produktiver Höchstphase derzeit ist. Ob das auch schon der kreative Triumph ist oder der noch kommen wird, tut sich in naher Zukunft zeigen, hier ist die Anpassung an Genre und Gewohnheiten auffällig und das Mittel der Wahl, keine Abkehr davon und keine Differenzierung. Adkins wird hier als 'with' genannt und aufgelistet, eine größere Gastrolle mit Bedeutung demnach, einer von vielen, aber mit Bewandtnis (auch für das Marketing) und (speziell auch mit einem Mordauftrag und einer Auseinandersetzung mit der Security in einem Casino) mit kinetischer Energie und physischen Pfiff.
Ein hitziger, schwitziger Spezialeinsatz im Kriegsgebiet Afghanistan eröffnet den Reigen der Actionszenen, eine tödliche Mission im ausgedörrten Wüstenland. Eine Bombenentschärfung, ein Hinterhalt, das Dröhnen von Maschinengewehrfeuer und Hubschrauberflügeln, die Szene ist kurz und trotzdem schon größer als die vorherigen Sesma - Filme einzeln gezählt und eventuell auch zusammen. Der Rest der Geschichte spielt nicht in Mosul, sondern in Riverside, Kalifornien (und später überall und in der ganzen Welt), auch da scheint die Sonne unerbittlich, die Optik wirkt kräftig und ausgebleicht zugleich, die Temperatur knallt.
Der Hauptdarsteller der Geschichte sieht aus wie kurz vor dem Burnout, der Bart steht ihm nicht, die Haare einen Tick zu lang (oder zu kurz), die Figur irgendwie groß und schlaksige, der Körper ungewaschen wirkend, die Klamotten nicht figurbetont, in raren Momenten ein wenig wie ein müder Kris Kristoferson wirkend, sonst meist wie Pissed Pissdofferson – Sesmas Stammspieler Paul Sloan hat in Every Last One of Them keine unähnliche Rolle wesentlich intensiver verkörpert; wird hier allerdings trotz Anwesenheit ziemlich versteckt und fast gar nicht in das Bild genommen oder gar in die Aufmerksamkeit gerückt – der Job ist Mist, die Familienszenen uninteressant, die Dialoge dort bieder, altbacken und nieder. Die Gegend ist karg und ärmlich, ein 'nobody got shit' - Milieu, 'fucking dust underneath the nails', 'shit jobs out there', 'for no money at all', 'breaking their ass', eine Zustandsbeschreibung, die auch auf das Setting hier zutrifft, aber zusätzlich eine zweite Ebene erreicht und die derzeitge Existenz der DtV Action zusammenfasst, inklusive dieses Vertreters hier, welcher trotz aller offenkundigen Mankos schon höher gestellt ist und eben sein Köpfchen aus dem Treibsand noch hält.
5 Jahre später, 5 Monate später, "5 minutes", die Abstände werden kürzer, die Handlung konkreter. Das Bisherige nur als Geplänkel, eine Art Vorgeschichte, die bspw. The Gray Man nur wenig vorher in einem Gespräch vor den Titeln schon erzählt hat und auf das Wesentliche und Nötige konkretisiert und komprimiert. Hier kommt die nahezu gleiche Kommunikation nach etwa einer halben Stunde, ein Drittel ist schon weg, der eigentliche Plot folgt nun und hinterher; aufgezogen und eine Wirkung auch hat das Ganze eher wie ein Pilotfilm, kein wirklich überzeugender auch und eher viel Lärm um Nichts. Eine Massenschießerei auf einem Flugfeld bei dunkler Nacht, welche durch das eifrige Mündungsfeuer und zwei explodierende Autos erhellt wird, ein Attentat auf einen schwer beschützten kalifornischen Senator während einer Kundgebung (im Paydirt-Set), ein wenig Kugelhagel auch mit einer Polizeistreife auf den Straßen der Kleinstadt und ein Angriff der ehemaligen Kollegen in Rourkes Autowerkstatt stellen zwischendurch einige der schnelleren Eindrücke dar, richtige Begeisterung kommt da jeweils nicht auf, obwohl das Meiste davon zumindest übersichtlich montiert ist und auch das Blut adäquat spritzen lässt.
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